Kognitive Beeinträchtigung: Wohnen: Erfah­rungs­be­richte

Inhalts­ver­zeichnis:

Welche Erfah­rungen hast du bei der Wohnungs­suche gemacht? Wie hast du deine Wohnung an deine Bedürf­nisse angepasst? Hast du Tipps an andere Betroffene?

Wir würden uns freuen, wenn du uns an deinen Erfah­rungen teilhaben lassen würdest.

Kurze Artikel oder allge­meine Kommentare kannst du direkt unten in den Kommen­tar­be­reich schreiben. Solltest du einen längeren Artikel ggf. mit Bildern geplant haben, wende dich bitte erst an uns (info@inklusives.de), damit wir vorab noch einige Punkte u.a. zum Daten­schutz und ggf. zu Bildrechten besprechen können.

Wohnen

Erste Erfah­rungen mit der inklu­siven Wohnge­mein­schaft in der Flandernstraße

Quelle: Nachrichten der Lebens­hilfe Esslingen e.V., Ausgabe 2018/2019, Seite 14 (zur Lebens­hilfe Esslingen)
Text: Renate Schmid-Hartkopf

Gemeinsam auf dem Weg

Seit über 20 Jahren bietet die Lebens­hilfe Esslingen ambulante Betreu­ungs­formen an. Für Menschen mit Behin­derung, die gerne selbständig, aber mit stunden­weiser Unter­stützung in einer eigenen Wohnung oder in einer kleinen Wohnge­mein­schaft leben möchten, ist das ABW eine tolle Wohnform. Das Ambulant Begleitete Wohnen (ABW) ist ein Bereich, der stetig wächst und sich weiter­ent­wi­ckelt. Drei ABW-Teams unter­stützen inzwi­schen knapp 40 Klien­tinnen und Klienten.

Das neueste Angebot ist seit November 2017 die Inklusive Wohnge­mein­schaft (IWG) im Dachge­schoss des Wohnheims Flandern­straße. In der schönen und geräu­migen 5-Zimmer-Wohnung leben vier junge Frauen zusammen. Hier finden zwei Frauen mit Behin­derung ein Zuhause. Zwei Studen­tinnen oder Auszu­bil­dende, die in diese WG für ein oder zwei Jahre einziehen, können vielfältige und wertvolle Erfah­rungen sammeln.

Die ersten Wechsel stehen bereits an und es zeigt sich, dass das Zusam­men­leben nicht immer ganz einfach ist. So gab es immer wieder unter­schied­liche Sicht­weisen in Bezug auf Sauberkeit und Hygiene. Ein weiteres Thema waren Fragen nach Zustän­dig­keiten und Verant­wortung sowie Kommu­ni­ka­ti­ons­pro­bleme zwischen ABW-Mitar­bei­te­rinnen und den WG-Bewoh­ne­rinnen. Daher wurden die Abstände der regel­mä­ßigen WG-Bespre­chungen verkürzt. Etwa alle zwei Wochen treffen sich nun möglichst alle Betei­ligten zum gemein­samen Austausch und Erarbeiten von WG-Regeln.

Insgesamt jedoch betrachten die jungen Frauen ohne Behin­derung diese Erfah­rungen als wertvoll und bereichernd.

Tanja F. hat ihre Ausbildung beendet und ist Ende September 2018 ausge­zogen. Sie schreibt: „Mir hat das Wohnen in der IWG sehr gut gefallen, da man mit Menschen trotz Behin­derung viel Spaß haben kann. Wir haben auch gemeinsam gegessen und Mandalas gemalt. Was sich jedoch manchmal als schwierig erwiesen hat, ist die Sauberkeit und das Kommu­ni­zieren in der Gruppe.

Monika T., lebt seit etwa einem Jahr in der inklu­siven Wohnge­mein­schaft (IWG). Renate Schmid-Hartkopf und ABW- Mitar­bei­terin Nele St. hat sie von sich und ihrem ersten Jahr in der IWG erzählt.

Monika hat mehrere Hobbys, z.B. CDs hören und malen. Sie ist ein großer Fußballfan, ihr Lieblingsclub ist der BVB. Gerne nimmt Monika auch an Freizeit­an­ge­boten und Ausflügen teil. Gemeinsam mit Helen und Alina, den beiden Studen­tinnen und Mitbe­woh­ne­rinnen, war sie auf dem Esslinger Weihnachts­markt. Zur Hochzeit von Helen waren Monika, Alina und Tanja einge­laden und haben fröhlich mitgefeiert.

Morgens steht Monika pünktlich alleine auf, nachdem ihr Radio­wecker sie geweckt hat. Mit dem Werkstattbus fährt sie in die WEK. Das Fahren mit den öffent­lichen Bussen klappt bereits recht gut, und wird regel­mäßig mit den Mitar­bei­te­rinnen trainiert. Es ist ihr großer Wunsch, bald alleine mit dem Bus in die Stadt­mitte zu fahren und dort zu shoppen. Denn Monika liebt es sehr, Nagellack oder schöne Stifte auszusuchen.

Während der Woche isst Monika in der Werkstatt, am Sonntag wird sie abwech­selnd von ihrem Bruder und Familie oder ihrer Tante zum Mittag­essen abgeholt. Ihr Frühstück und ihr Abend­essen macht sich Monika meist selber.

Seit Monika in der WG lebt, hat sie schon viele Dinge gelernt. Beim Putzen und sämtlichen hauswirt­schaft­lichen Tätig­keiten erhält sie Unter­stützung sowie Anleitung durch die ABW-Mitarbeiter*innen.

Wenn es Missver­ständ­nisse und Probleme gibt, werden diese möglichst im WG-Gespräch geklärt oder es wird versucht, Kompro­misse zu finden. Monika gibt sich viel Mühe, alles richtig zu machen und arbeitet gut mit.

Jennifer freut sich auf die Gemein­schaft in der inklu­siven Wohngemeinschaft

Quelle: Nachrichten der Lebens­hilfe Esslingen e.V., Ausgabe 2018/2019, Seite 16 (zur Lebens­hilfe Esslingen)
Text: Die Fragen stellte Renate Schmid-Hartkopf, Bereichs­leitung Ambulant Beglei­tetes Wohnen.

Der Sprung in ein Stück Selbständigkeit

Jennifer ist vor kurzem in die Inklusive Wohnge­mein­schaft (IWG) einge­zogen. Vorher hat die 23-Jährige, die bisher bei ihren Eltern lebte, mit Renate Schmid-Hartkopf darüber gesprochen, was sie bewegt.

RSH: Hallo Jennifer, worauf freuen Sie sich besonders?

Jennifer: Ich möchte das auspro­bieren mit der Selbstän­digkeit. Ich bin neugierig, wie das wird.

RSH: Gibt es etwas, wovor Sie ein wenig Angst haben?

Jennifer: Ich bin es nicht gewohnt, auch einmal ganz alleine in der Wohnung zu sein.

RSH: Jennifer, Sie haben Ihre neuen Mitbe­woh­ne­rinnen schon ein wenig kennengelernt.

Jennifer: Ja, Helen und Alina, die zwei Studen­tinnen und Monika. Monika sehe ich ab und zu in der Werkstatt.

RSH: Können Sie sich vorstellen, gemeinsam mit einer Mitbe­woh­nerin oder mal mit allen zusammen etwas zu unternehmen?

Jennifer: Wenn ich sie mal besser kenne, kann ich mir das gut vorstellen. Ich gehe gerne raus, auch mit meinem Freund. Shoppen mag ich auch gerne.

RSH: Zu einer WG gehört aber nicht nur Spaß zu haben, sondern auch der gemeinsame Haushalt. Oft gibt es in einer WG ja Streit um das Thema putzen …

Jennifer: Ich mag es, wenn es in meinem Zimmer und in der ganzen Wohnung sauber ist, vor allem im Bad.

RSH: Da werden sich Ihre Mitbe­woh­ne­rinnen freuen. Ich habe gehört, es gibt einiges, was Sie bereits gut können.

Jennifer: Also, das Putzen haben mir meine Eltern von Anfang an gezeigt. Ich kann auch schon kochen, z.B. Reis mit Gemüse. Bisher habe ich Lebens­mittel zusammen mit meinen Eltern eingekauft.

RSH: Reis mit Gemüse hört sich ja lecker an, Jennifer. Gibt es etwas, außer Lebens­mittel einzu­kaufen, was Sie gerne noch lernen möchten?

Jennifer: Ich muss mich ja in der neuen Gegend zurecht­finden. Wo sind die Läden, die Bank und die Bushaltestelle?

RSH: Das werden ihnen die Mitar­bei­te­rinnen natürlich zeigen und auch mit Ihnen die Strecke zur Arbeit üben. Bus und Bahn fahren ist für Sie ja kein Problem. Würden Sie auch Fremde nach dem Weg fragen?

Jennifer: Früher war ich schüchtern, aber jetzt traue ich mich das.

RSH: Dann bin ich mal gespannt, wie das Wohnen in der IWG klappt. Ich wünsche Ihnen alles Gute und sage DANKE für das nette Gespräch.

Jennifer: Gerne. Ich freu mich schon.

In Plochingen gibt es zwei Ambulant Begleitete Wohngemeinschaften

Quelle: Nachrichten der Lebens­hilfe Esslingen e.V., Ausgabe 2018/2019, Seite 17 (zur Lebens­hilfe Esslingen)
Text: Lisa Kopold

Eigen­ständig leben mit Unterstützung

Im Februar 2017 wurde das Ambulant Begleitete Wohnen der Lebens­hilfe Esslingen ausge­weitet und hat nun auch in Plochingen einen Standort. Drei Mitar­bei­te­rinnen in Teilzeit und eine ehren­amt­liche Helferin begleiten hier derzeit fünf Menschen mit Behin­derung in zwei WGs.

Mitten in der Plochinger Innen­stadt wurde von der Lebens­hilfe eine schöne Wohnung angemietet, in der zwei Männer und eine Frau zusam­men­leben. Alle drei haben ein eigenes Zimmer, es gibt ein großes gemein­schaft­liches Wohnzimmer, eine wohnliche Küche, einen Balkon und einen kleinen Garten. Zwei Klien­tinnen haben ihre Haustiere mitge­bracht und so leben zudem noch ein Hase und zwei kleine Papageien mit in der Burgstraße. Auch am Plochinger Brucken­wasen gibt es eine WG, die eine junge Frau und ein junger Mann bewohnen, die von den Mitar­bei­te­rinnen der Lebens­hilfe ambulant begleitet werden. Diese Wohnung wurde nicht von der Lebens­hilfe angemietet, sondern ist an die Mutter eines Klienten vermietet. Auch hier gibt es aus- reichend Platz. Beide haben ein eigenes Zimmer, es gibt ein großes Wohnzimmer, eine Terrasse und einen Garten. Seit kurzer Zeit leben auch hier zwei Hasen, die von den Bewoh­ne­rinnen versorgt werden. Die jungen Menschen am Brucken­wasen unter­scheiden sich in ihren Inter­essen und ihrem Alltag sehr von den älteren in der Burgstraße. Das macht die Begleitung abwechs­lungs­reich, da die Bedürf­nisse und der Hilfe­bedarf sehr verschieden sind. Manche von ihnen benötigen eine hohe Unter­stützung bei der Gestaltung ihrer Tages­struktur und bei der Suche nach einem geeig­neten Arbeitsplatz.

In beiden WGs haben die Klient*innen die Möglichkeit ein weitest­gehend selbst­be­stimmtes und eigen­stän­diges Leben zu führen Einkaufs­mög­lich­keiten, Ärzte, Cafés und öffent­liche Verkehrs­mittel sind dank der zentralen Lage zu Fuß sehr gut zu erreichen. Auch der Weg zur Arbeit ist für die Berufs­tä­tigen schnell und unkom­pli­ziert zu bewäl­tigen.
Mehrmals pro Woche sind stunden­weise Mitar­bei­te­rinnen vor Ort, die in einer der WGs ein kleines Büro haben. Sie begleiten die WG-Bewohner*innen bei deren persön­licher Lebens- und Freizeit­ge­staltung, bei alltags­prak­ti­schen Aufgaben, bei Arztbe­suchen und sind Ansprech­part­ne­rinnen bei Konflikten und Krisen sowie für weitere Hilfen. Hin und wieder ist es notwendig, dass die Mitar­bei­te­rinnen bei Konflikten im Wohnumfeld vermitteln.

Zum Teil haben die Klient*innen schon früher zeitweise in Plochingen gelebt oder sind dort aufge­wachsen und nun wieder herge­zogen. So gibt es auch Kontakte von früher, die wieder aufge­nommen wurden. Andere, die neu in die Stadt gezogen sind, benötigen beim Aufbau neuer Kontakte sowie der Gestaltung ihrer Freizeit viel Unter­stützung durch die Mitarbeiterinnen.

Inzwi­schen haben sich die Plochinger Klien­tinnen gut in ihren WGs und der Stadt eingelebt. Sie fühlen sich in Plochingen zuhause und besuchen zum Teil regel­mäßig die umlie­genden Cafés, Sport­vereine, Kirchen und Feste sowie andere soziale Einrich­tungen in der Umgebung. Bisher wurden sie gut aufge­nommen und akzep­tiert. So sind bereits einige Kontakte auch zu nicht behin­derten Menschen in Plochingen entstanden. Die Mitar­bei­te­rinnen erleben die Plochinger Umgebung als sehr offen im Hinblick auf inklusive Angebote und stoßen bei Anfragen auf Interesse bei ihren Ansprech­part­ne­rinnen.
Auf dem Stumpenhof befindet sich das Laden­ge­schäft „Ums Eck“, ein kleiner Lebens­mit­tel­laden, in dem Waren für den täglichen Bedarf erworben werden können. Einer der Plochinger Klienten arbeitet schon seit längerer Zeit dort und hat durch den Umzug nach Plochingen nun einen sehr kurzen Weg zu seiner Arbeits­stelle. Nahe des Lebens­mit­tel­ladens befindet sich auch das Café Morlock, in dem ebenfalls Menschen mit und ohne Behin­derung gemein­schaftlich zusammen arbeiten. Beide Fachge­schäfte sind ein Projekt der WEK.
Momentan fördert „Aktion Mensch“ das Projekt „Inklu­sives Plochingen“ der Werkstätten Esslingen Kirchheim und der Stadt Plochingen. Über dieses Projekt wurden zwei der Plochinger Klient*innen über den Zeitraum von einigen Monaten einzeln von einem Studenten begleitet, der mit ihnen zusammen Freizeit­ak­ti­vi­täten durch­führte, die ihren Wünschen entsprachen.
So entstand auch die Möglichkeit, dass ein Klient im Plochinger Sport­verein einsteigen kann und dort seit September regel­mäßig an einem Sport­an­gebot für Herren teilnimmt. Ziel des Projektes ist es, in Plochingen lebende Bürger*innen mit und ohne Behin­derung privat und im Berufs­leben mehr mitein­ander zu vernetzen und so die Inklusion in der Stadt weiter voranzutreiben.

Insgesamt gesehen bietet das Ambulant Begleitete Wohnen in Plochingen allen Klient*innen viele positive Aspekte und die Möglichkeit auf ein Wohnen mit hoher Lebensqualität.

Nico B. lebt in seiner eigenen Wohnung in Esslingen-Hohenkreuz

Quelle: Nachrichten der Lebens­hilfe Esslingen e.V., Ausgabe 2018/2019, Seite 19 (zur Lebens­hilfe Esslingen)
Text: Die Fragen stellte Renate Schmid-Hartkopf, Bereichs­leitung Ambulant Beglei­tetes Wohnen.

Ich habe gelernt, Spätzle zu machen

Nico B. lebt seit vier Jahren in seiner eigenen gemüt­lichen Wohnung in Esslingen-Hohen­kreuz. Im Gespräch mit Renate Schmid-Hartkopf beschreibt der 28-Jährige, wie sein Alltag aussieht.

RSH: Hallo Nico, was gefällt Ihnen besonders gut daran, in Ihrer eigenen Wohnung zu leben?

Nico: Ich habe mehr Privatsphäre.

RSH: Kennen Sie alle Mieter, die noch mit im Haus wohnen?

Nico: Ja, alle. Und außerdem wohnt meine Oma im Haus und meine Schwester ist auch da.

RSH: Sie arbeiten in Reichenbach und müssen früh aufstehen. Was machen Sie, wenn Sie mittags von der Arbeit nach Hause kommen?

Nico: Ich ruh‘ mich aus und esse etwas. Manchmal besuche ich meine Oma oder meine Mutter. Ich fahre auch gerne Fahrrad.

RSH: Wie verbringen Sie Ihr Wochenende, Nico?

Nico: Samstags helfe ich meinem Onkel im Geschäft, da fahre ich auch manchmal mit dem Gabel­stapler. Mit meinem Onkel war ich auch im Urlaub auf Madeira.

RSH: Da haben Sie bestimmt viel erlebt. Sie haben einen guten Kontakt zu Ihrer Familie und bekommen auch Unterstützung.

Nico: Meine Mutter geht mit mir zum Arzt.

RSH: Zusätzlich erhalten Sie Ambulante Begleitung (ABW) durch die Lebens­hilfe. Wie oft kommt eine Mitar­bei­terin vom ABW zu Ihnen?

Nico: Einmal in der Woche, immer dienstags. Meistens kommt Sabine.

RSH: Wobei unter­stützt Sie die Mitarbeiterin?

Nico: Sie hat mir beim Putzen geholfen. Wir haben auch einen Plan erstellt. Und wir haben Kochen geübt. Ich kann Rühreier machen und sogar Spätzle schaben.

RSH: Das finde ich klasse. Und was klappt sonst noch inzwi­schen richtig gut?

Nico: Wäsche waschen. Zuerst hat das meine Mutter gemacht. Dann habe ich trainiert. Jetzt kann ich das selber. Ich kaufe auch manchmal alleine ein. Ich mache mir dann einen Einkaufszettel.

RSH: Ich habe gehört, Sie kommen auch sehr gut mit dem Handy zurecht und benutzen Whats-App.

Nico: Schreiben klappt nicht so gut – aber ich kann Sprach­nach­richten verschicken.

RSH: Super, Nico. Sie können schon sehr viel selber. Gibt es etwas, was Sie noch lernen möchten?

Nico: Ich möchte alleine mit dem Bus zu meiner Freundin nach Stuttgart-Birkach fahren. Dabei muss ich zweimal umsteigen.

RSH: Na, dann schlage ich vor, Sie besprechen das mit Sabine und planen zusammen ein Fahrtraining. Viel Erfolg und Danke­schön für das gute Gespräch, Nico.

Nico: Tschüss.

Zuhause in der Familie wohnen

Quelle: Nachrichten der Lebens­hilfe Esslingen e.V., Ausgabe 2018/2019, Seite 20 (zur Lebens­hilfe Esslingen)
Text: Die Mutter von Gabi Blumen­stein berichtet

Wir sind fürein­ander da

Unsere Tochter Gabi ist nun 62 Jahre alt und lebt bei mir und meinem Mann mitten in unserer Familie.

Ihre Schwester wohnt mit ihrer Familie ganz in unserer Nähe und wir haben alle einen sehr guten Kontakt mitein­ander. Es ist ein großes Glück, dass wir so alle fürein­ander da sein können.

Nach der Schulzeit in der Sonder­schule ist Gabi als angestellte Mitar­bei­terin in der Rohrä­cker­schule übernommen worden. Dort hilft sie z.B. bei der Essens­ausgabe oder beim Aufräumen. Die Arbeit ist sehr abwechs­lungs­reich und Gabi wird dort von allen sehr geschätzt. Für uns war es immer sehr wichtig, dass Gabi so selbständig wie möglich leben kann und ihre Freiräume hat. Gabi hat einen eigenen Fernseher und sie ist auch sehr gern allein in der Stadt unterwegs. Sie lädt oft andere ein, gemeinsam einen Stadt­bummel zu machen oder zusammen Kaffee trinken zu gehen. Außerdem geht Gabi gern in den Freizeit­kreis in der Lebens­hilfe oder auf verschiedene Freizeiten. „Ohne Eltern ist es auch mal schön“, sagt sie oft. Der Umgang mit dem Handy ist uns dabei sehr wichtig. So kann Gabi uns immer anrufen, wenn zum Beispiel die Busver­bindung nicht klappt. Mein Mann und ich wollen, dass Gabi so selbständig wie möglich leben kann, und unter­stützen sie dabei, wo es notwendig ist.

Wenn wir das aus gesund­heit­lichen Gründen nicht mehr können, kann Gabi in die Erdge­schoss­wohnung bei ihrer Schwester einziehen. Das ist schon lange so besprochen und Gabi ist dort auch jetzt schon ein gern gesehener Gast. Um Gabis Selbst­stän­digkeit noch zu erweitern, übernimmt sie bei uns Teile unseres häuslichen Einkaufs und sie macht regel­mäßig entweder das Frühstück oder das Abend­essen. In der Erdge­schoss­wohnung bei ihrer Schwester wird sie noch mehr Freiheiten haben, aber natürlich auch mehr Heraus­for­de­rungen. Es ist allen klar, dass wenn dieses Arran­gement aus unter­schied­lichen Gründen nicht mehr klappen sollte, eine andere Lösung gesucht werden muss. Vielleicht zieht sie auch irgendwann einmal in eine Wohngruppe bei der Lebens­hilfe, wenn es notwendig ist.

Im November kommt Gabi in Rente. Sie hat sich selber schon nach der Tages­be­treuung für Rentner*innen in der Flandern­straße erkundigt und möchte dort dann verschiedene Bekannte besuchen. Sie freut sich auf die Rente und die neuen Freiräume, die dann entstehen.

Unsere Familie wird sie dabei unter­stützen, so lange es uns möglich ist.

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